Foto: © Land der Tiere
Erstveröffentlichung des Interviews: Schweizer Portal für Philosophie, philosophie.ch, 20. Mai 2020
Die Politikwissenschaftlerin und Philosophin Aiyana Rosen hat vor zehn Jahren den Arbeitskreis für Human-Animal Studies, Chimaira, mitbegründet und arbeitet momentan an ihrer Dissertation, einer genealogischen Betrachtung von Mensch-Tier-Verhältnissen, an der Freien Universität Berlin. Wir sprechen mit ihr über Human-Animal Studies, den political turn der Tierethik und tierpolitischen Handlungsbedarf in Deutschland und der Schweiz.
Die Besonderheit des Menschen herauszukehren, ist philosophiegeschichtlich ein wiederkehrendes Motiv. Der Blickwinkel der Human-Animal Studies ist ein anderer. Warum?
Das Verständnis von Mensch und Tier als einem Gegensatzpaar, deren Seiten durch einen tiefen Graben voneinander getrennt sind, ist für die europäische Kultur und Geschichte zentral. In Europa, aber auch darüber hinaus, sind wir von dieser Vorstellung so sehr geprägt, dass es uns als selbstverständlich erscheint, uns selbst nicht als Tiere zu begreifen. Dieser Gegensatz hat auch die Philosophiegeschichte maßgeblich bestimmt. Vom Zwischenkiefer über den aufrechten Gang und die Fähigkeit zur Langeweile bis hin zur Sprache: Kaum etwas scheint es zu geben, das noch nicht herangezogen wurde, um die Sonderstellung des Menschen auf dieser Erde zu begründen.